Das Tonhalle-Orchester Zürich im Goldenen Saal im Wiener Musikverein. Foto: Dieter Nagl
Tournee-Blog

Europa-Tournee: Ein Diebstahl und viel Applaus

Wien, Luxemburg, Paris, Basel: Dies war die Tournee des Tonhalle-Orchesters Zürich.

Wien, 29. Januar 2023

Ursula Sarnthein, Viola: Security-Check im Flughafen Zürich – mich hat‘s erwischt – Stichprobe auf Sprengstoff. Den Bratschenkasten auf, Probenentnahme – Kasten wieder zu – der zuvorkommende Security-Mitarbeiter hat Geduld mit mir und ich mit ihm. Seine nette Kollegin fragt mich, ob wir ein Konzert haben. Ich erkläre ihr, dass wir das Tonhalle-Orchester Zürich auf Tournee sind, da erzählt sie mir, dass ihr Sohn mit seiner Berufsschulklasse am letzten Donnerstag in unserem Konzert war und damit das Programm gehört hat, das wir am heutigen Abend in Wien spielen. Er sei von seinem ersten Konzert in der Tonhalle ganz begeistert gewesen.

Sonst reist es sich wie gewohnt: Flug, Bus, und das Hotel am Konzerthaus, in dem wir wie viele andere Orchester seit 25 Jahren immer wohnen. Unser letztes Konzert im Musikverein ist einige Jahre her – und da es doch einer der ganz grossen europäischen Musiktempel ist, freut man sich besonders auf den Auftritt. (Fortsetzung folgt)

Ursula Sarnthein im Wiener Musikverein. Foto: Mischa Greull

Michaela Braun, Geschäftsleitung: Unser letzter Besuch im Wiener Musikverein war 2010, 2020 musste ein weiterer wegen Corona ausfallen. Nun wurde er nachgeholt. Der Goldene Musikvereinssaal ist wohl Sinnbild für Schönheit, grandiose Akustik, einmalige Konzerterlebnisse, Dirigent*innen und Solist*innen von Weltrang treten hier auf, feiern sich und die Musik.

Wer am 1. Januar um 11.15 Uhr schon wach ist, kennt den Saal, selbst wenn er oder sie noch nie dagewesen ist. Denn dann findet das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker statt und wird übertragen, mit über 50 Millionen Zuschauern weltweit. Für die Tourismus-Destination Wien eine unbezahlbare Werbung.

Auch unser Music Director Paavo Järvi sagt auf die Frage, für was der Saal denn so stehe: «Ganz klar für das Neujahrskonzert.» Er habe es schon als Kind gesehen – eine prägende Erfahrung. Prägend vor allem, weil man damals in Estland doch gar kein finnisches Fernsehen schauen konnte. Mittels einer illegalen Antenne war es trotzdem möglich, es war stets das Higlight zu Jahresbeginn. Paavo Järvi erinnert sich daran, wie Willi Boskovsky jeweils vom ersten Stuhl aus dirigierte. Und da er immer schon ein grosser Fan der Familie Strauss war, war es dann auch die Musik, die ihn faszinierte. Glitter und Glamour in einer Umgebung, die weit entfernt war von zu Hause.

Foto: Dieter Nagl

Ursula Sarnthein, Viola: Ich hatte nicht mehr viele Erinnerungen an den Backstage-Bereich, aber es hat sich offensichtlich nichts verändert, alles ist gezeichnet von den Spuren der glorreichen Vergangenheit! Wähnt man sich backstage in der Hamburger Elbphilharmonie in der Ersten Klasse eines modernen Kreuzfahrtschiffs, erinnert es hier eher an die Holzklasse eines alten Übersee-Dampfers …

Am Musikverein herrscht grosses Gewusel, das vorhergehende Konzert ist gerade zu Ende, es laufen noch Musiker*innen mit Instrumentenkästen herum, die nicht zu uns gehören, und auch das Publikum strömt noch. Durch den Künstlereingang betritt man einen Gang, durch den früher die Kutschen fuhren – heute geht man an beleuchteten Büsten der Herren Mahler, Brahms, Bruckner und Co. vorbei zu den Garderoben im Untergeschoss. In den engen Katakomben gestaltet sich die Suche nach den richtigen Räumen und Containern aufwändiger als gewöhnlich; zum Glück sind hilfsbereite Kolleg*innen da, die sich schon zurechtgefunden haben.

«Anspielprobe in Konzertgarderobe» steht im Tournee-Plan, also ziehen wir uns um und begeben uns Richtung Bühne, in der Hoffnung, vor Probenbeginn ein paar knifflige Passagen in den Werken von Brahms und Berlioz noch einmal anschauen zu können. Die Hoffnung wird enttäuscht – das vorhergehende Konzert ist 20 Minuten verspätet zu Ende gegangen, und unsere drei Orchestertechniker müssen in Rekordzeit die Bühne um- und aufbauen, Pauken und Schlagwerk an die richtige Stelle wuchten, Pulte und Stühle platzieren, und dabei um planlos herumstehende Musiker*innen herumkurven. Matthias Lehmann sagt freundlich: «Wär doch schön, wenn noch keiner auf der Bühne wär». Der Wiener Techniker ist da direkter: «Sie san im Weg – wie immer!»

Also suche ich ein sicheres Plätzchen und sehe mich um: Der Saal scheint höher als unserer, schmaler als unserer, und er wirkt sakraler, fast wie ein Tempel. Die goldenen Karyatiden entlang der Wände und die goldene Kassetten-Decke sind sehr elegant.

Foto: Ursula Sarnthein

Ursula Sarnthein, Viola: Die Patina der Bühne ist wirklich beeindruckend. Generationen von Cellisten haben ihre Löcher hinterlassen, aber abgeschliffen ist da nichts – die unzähligen kleinen Löcher und Dellen sind nur überlackiert. Und die alten Holzpulte scheinen so richtig aus der Zeit gefallen – wacklig und zerschrammt. Die Stühle haben auch schon bessere Zeiten gesehen …

Vielleicht ist das noch der Boden, auf dem Mahler seine Sinfonien dirigierte? Sicher ist, dass legendäre Dirigenten und Orchester hier gespielt haben. Das macht einen doch ein bisschen ehrfürchtig.

Nachdem der Bühnenaufbau fertig ist und wir uns auf den ungewohnt steil ansteigenden Stufen zurechtgerückt haben, stellen wir fest, dass man recht eng beieinander sitzt. Der Cellist neben mir gerät beim Pizzicato mit dem Bogen schon mal in meine Haare, und alle anderen sind auch ungewohnt nah.

Ich sitze am dritten Pult der Bratschen, direkt vor der Oboe, mitten auf der Bühne, mit bester Sicht auf Paavo Järvi und in den Saal hinaus. In der ersten leisen Passage im Berlioz gleitet Harold alias Antoine Tamestit geschmeidig auf die Bühne und erzählt mit seinem klaren, tragenden Bratschenklang von seiner italienische Reise. Unsere Spielfreude und Musizierlust im Brahms stecken das Publikum an – für den begeisterten Applaus bedanken wir uns mit dem 1. Ungarischen Tanz von Brahms.

Antoine Tamestit und Paavo Järvi. Foto: Dieter Nagl

Michaela Braun, Geschäftsleitung: Hektik und Anspannung haben auch etwas Gutes. Man wird ins kalte Wasser geworfen und muss funktionieren. Und es funktionierte, und wie! Die Wiener*innen jubelten, und wir dankten es ihnen. Das Debüt mit Paavo Järvi hier in Wien war ein Erfolg. Intendantin Ilona Schmiel und Geschäftsleitungs-Mitglied Marc Barwisch arbeiten an den Wiedereinladungen. Die Regelmässigkeit in Wien ist ein Ziel. Wir sind auf Kurs.

Foto: Dieter Nagl

Luxemburg, 31. Januar 2023

Das Konzert in Luxemburg ist vorbei – und die Bratschistin Ursula Sarnthein hat wieder einiges zu berichten:

Kaffee, Kekse und Käsekrainer

Heute ist mir die Organisation meiner Mahlzeiten so gar nicht geglückt – am Nachmittag im Hotel gibt es nicht viel, so habe ich bis Probenbeginn um 18.45 nicht genug gegessen und auch nichts eingekauft.

Gleich hinter dem Eingang steht zum Glück zu meiner Rettung ein Tisch mit Kaffee und Keksen – nach dem nur kurzen, aber nassen und kalten Weg zur Philharmonie genau das Richtige – zwei Tassen Kaffee und etwa sechs Kekse später ist mein Energie-Level da, wo er sein soll, aber das Abendessen ist immer noch nicht geregelt. Ob es wohl genug Kekse gibt??

Ich klage Haika Lübcke mein Leid – sie findet, es sollte überall Stände wie in Wien geben, an denen man zu jeder Tages-und Nachtzeit Käsekrainer (Anm.: Brühwürstchen mit Käse drin) kaufen kann. Und dann erbarmt sie sich meiner und schenkt mir die Hälfte ihres köstlichen Sandwichs. Danke sehr!

Häuser im Saal

Backstage in Luxemburg fühlen wir uns wieder verwöhnt – es gibt viele bequeme, moderne Garderobenräume für uns und einen kurzen Weg zur Bühne.

Der Publikumsraum ist in schönen Rot- und Blautönen gehalten – das Parkett schwingt sich in Wellen hinten nach oben, und rechts und links scheinen Häuser zu stehen: Man fühlt sich ein bisschen wie in einer Theaterkulisse, das Publikum schaut von ihren Balkonen zu uns herunter. Die Häuser-Kulisse verleiht «Harold en Italie» noch mehr Theaterfeeling.

Auf der extrem grossen Bühne ist soviel Platz, dass Antoine Tamestit sich nicht mehr durchs Orchester «anschleicht», sondern bequem aussen um uns herumgeht. Der viele Platz verleitet ihn dann im Konzert spontan dazu, während des Satzes mit dem Pilgerzug tatsächlich über die ganze Bühne zu ziehen, so dass sein Klang mal von hier, und mal von da kommt.

Wanderkameraden

Wir Bratschen mögen die Akustik in Luxemburg sehr: Wir können uns sehr gut hören und einen besonders kompakten Gruppenklang erzeugen. Im Berlioz hat eben nicht nur die Solo-Bratsche, sondern auch die Bratschen-Gruppe des Orchesters einige gut hörbare Auftritte – wir sind mal die Choral-singenden oder Ave Maria-murmelnden Pilger, mal legen wir einen tanzenden Teppich unter die Serenade des «Montagnards» in den Abruzzen – wichtige «Wanderkameraden» für Harold!

Heute Abend gelingt uns das besonders gut, unter souveräner Führung unserer beiden Stv. Solo-Bratschistinnen Katja Fuchs und Sarina Zickgraf.

Foto: zVg

Michaela Braun, Geschäftsleitung: Die Reise heute von Wien nach Luxemburg verlief problemlos – morgen könnte es anders sein. Denn was passiert, wenn in Frankreich der angedrohte Generalstreik ausgerufen wird mit Auswirkungen auf den öffentlichen Verkehr, von der Bahn bis zu den Skiliften? Wir müssen nach Paris, mit dem Zug. Freundlicherweise können die bereits gebuchten Fernverkehrtickets flexibel bis 3. Februar genutzt werden. Ungut für uns. Wir müssen mit über 100 Personen rechtzeitig ankommen, die Philharmonie wartet auf uns.

Unser Team mit Ambros Bösch, Susanne Arlt und Soraya dos Santos, immer am Puls der Zeit, hat bereits Plan B aufgegleist. Falls nix geht, geht der Bus. Minutiöse Planung im Vorfeld ist extrem wichtig. Flexibilität on tour ist das Mass aller Dinge.

Aber zuerst sind wir nun in Luxemburg. Unser Music Director Paavo Järvi war da schon zig-mal, er hat nach seinem Karrierestart in Skandinavien schon früh das damalige RTL-Orchester dirigiert. Auch unser Solist Antoine Tamestit war schon unzählige Male in dieser modernen Halle. Sie wurde 2005 gebaut, hat 923 Säulen und drei parallel bespielbare Säle. Mit 400 Konzerten pro Jahr, davon 160 für Kinder und Schulen, bietet sie das einzig wirklich internationale Angebot zwischen Saarbrücken und Metz. Viele der Besucher*innen kommen daher auch aus dem nahen Ausland, wenn es sein muss sogar mit einem eigens organisierten Shuttle. Alles in diesem Haus ist daher auch mindestens dreisprachig, mit Englisch sogar viersprachig. Eine ziemlich aufwändige Arbeit für das Marketing- und Kommunikationsteam hier.

Es gibt aber auch im Land selber viele Ausländer*innen, die das Angebot des Konzerthauses rege nutzen. Der europäische Gerichtshof hat hier seinen Sitz, das Sekretariat des europäischen Parlamentes, und natürlich gibt es einige Finanzdienstleister, die hier in Luxemburg agieren.

Die Preise und die Auslastung sind auch hier ein Thema, die Suche nach jüngerem Publikum ebenfalls. Dafür gibt nun der Staat Schützenhilfe. Seit letztem September gibt es für alle Kinder fünf Jahre lang kostenlosen Musikunterricht – wobei sie nicht mit dem Primarschulstart beginnen müssen, sie können auch erst mit 10 Jahren anfangen. Barrieren sollen abgebaut und Interesse an der Musik aufgebaut werden. Ein Konzept, über das man auch in der Schweiz diskutieren sollte.

Philharmonie Luxemburg (Foto: Sébastien Grébille)

Paris, 1. Februar 2023

Von Luxemburg gings weiter nach Paris. Die Bratschistin Ursula Sarnthein erzählt, wie es in Paris war:

«Dann such‘ isch mal den Weg nach Paris, ab Frankreisch ist das sischer ausjeschildert!»

Um beim Konzert in Paris auch wirklich anzukommen, fahren wir heute streiksicherheitshalber mit dem Bus von Luxemburg nach Paris statt mit dem TGV. Unser Busfahrer hat neben seinem für mich sehr heimisch klingendem rheinischen Akzent auch diese direkte Art, sich auszudrücken, die ich als gebürtige Rheinländerin gut kenne. «Wir sind Musik!» sagt er dem Zollbeamten an der französischen Grenze, als dieser wissen will, wer denn in dem Bus mitfährt. Damit hat er wohl recht!

Fachsimpeln

Ich bin heute schon eine Weile vor der Anspielprobe im Hinterbühnenbereich, der übrigens definitiv den Titel «bestes Labyrinth der Tournee» erhält – man verliert ständig die Orientierung, weil alles gleich aussieht. Ich nutze die Gelegenheit, um mit Friedemann Dürrschnabel, dem Leiter Orchestertechnik über Orchesterstühle zu diskutieren, da wir ja erfreulicherweise schon bald selbst neue anschaffen können. In Paris und Luxemburg auf der Bühne konnten wir so zwei Modelle «unter reellen Bedingungen» testen! Neben guten Einstellmöglichkeiten für Höhe, Neigung und Rückenlehne ist auch wichtig, ob sie sich in der Enge hinter unserer Zürcher Bühne gut stapeln lassen. Jetzt wissen wir schon besser, in welche Richtung es gehen soll.

Really piano

«This is a great hall, it has great projection, so you can play really piano here», lautet Paavo Järvis Empfehlung zu Beginn der Anspielprobe. Den Unterschied zu Luxemburg merken wir schon nach den ersten Tönen – es hat viel mehr Nachhall, und Antoine Tamestits Bratschenklang fliegt gleich weg von uns in Nouvels schwarz-goldigen Saal hinein. In Luxemburg war er mehr um uns herum.

TGZ-Präsident Martin Vollenwyder, der mit seiner Frau und einigen anderen Gleichgesinnten mitreist, hat alle Konzerte gehört: In Wien sässe man gefühlt mit auf der Bühne, meint er, in Luxemburg bliebe der Klang eher beim Orchester, und in Paris sei der Klang wirklich überall und sehr präzis gewesen. Jeder Saal sei ganz verschieden, und man erlebe so vom gleichen Programm immer neue Facetten, erzählen die begeisterten Mitreisenden.

Hier in Paris haben wir das bisher lebendigste Publikum – sie jubeln schon los, bevor der letzte Ton verklungen ist! Wir danken es ihnen mit gleich zwei Zugaben.

Den letzten Abend der Tournee feiern ein paar von uns mit einem Glas Wein im Restaurant im 6. Stock der Philharmonie; ganz in der Ferne leuchtet sogar der Eiffelturm. Um Mitternacht ist er dann plötzlich weg – Strom sparen ist also auch in Paris angesagt.

Frühaufsteher

Nicht ganz freiwillig stehen wir am Donnerstag eher früh auf, um 8.15 Uhr müssen die Koffer abgegeben sein, denn etwa 100 Musiker*innen, 100 Koffer und dazu noch verschiedene Instrumente – das passt nicht in den TGV. Dann gab es noch diese Durchsage: Alle müssen morgen um Punkt 12 Uhr am Gleiseingang stehen. Das Gleis ist erst 20 Minuten vor Abfahrt bekannt, aber es sei ganz einfach, meint Ambros Bösch: Wenn die Gleisnummer ein Buchstabe ist, liegt das Gleis in Halle 1, und wenn es eine Zahl ist, dann ist es in Halle 2. Oder war es umgekehrt??

Zwischen Frühstück und Abfahrt geht sich noch etwas aus: Schlafen, Üben oder Speed-Sightseeing – ich entscheide mich heute fürs Üben und ignoriere Paris.

Gare de Lyon

Am Gare de Lyon wird auch über die Akustik der verschiedenen Säle gefachsimpelt. Florian Walser und Haika Lübcke sind sich einig – sie fanden ihren eigenen Klang in Paris am schönsten. Isaac Duarte findet, dass der Wiener Musikverein einen speziellen, besonders schönen Klang hat. Im Konzert in Paris haben wir die traumwandlerische Sicherheit erreicht, die besonders auf Tourneen auftritt, nachdem man die Werke mehrmals hintereinander gespielt hat. Wenn man jede «Kurve» kennt, kann man sie auch mal spontan anders nehmen …

So, wie ist das jetzt mit dem Gleis? Um 11.55 Uhr stehen wir brav in Halle 2 (denn diese Info zeigt SNCF schon an, seit wir angekommen sind) und warten auf die Bekanntgabe der Zahl – zuerst wird 10 Minuten Verspätung angezeigt. Dann um 12.10: Halle 1!!!!

Souverän zieht der Tross zur Halle 1, findet das Gleis H und seine Waggons, und schon rasen wir gen Basel, im Handgepäck Macarons, Tarte au Citrons und andere Leckereien, die im Gare de Lyon feilgeboten wurden.

Ursula Sarnthein und Friedemann Dürrschnabel (Foto: zvg)
Foto: zvg

Die Pariser Philharmonie

Michaela Braun, Geschäftsleitung: Sie liegt im Norden der Stadt. Wer hier hin will, nimmt sich Zeit, um anzukommen. Bis es im Januar 2015 mit der Eröffnung so weit war, gab es einige hitzige Diskussionen rund um den Bau von Jean Nouvel. Er plante die Pariser Philharmonie, sie war unser Reiseziel am 1. Februar, wir gastierten zum zweiten Mal hier. Zum ersten Mal waren wir mit Paavo Järvi da.

Beim Bau lief also nicht alles so reibungslos. Architekt und Stadt trafen sich vor Gericht wieder. Es ging um Geld, viel Geld, und wohl auch um unterschiedliche Meinungen.

Das Haus ist mit 2400 Plätzen der derzeit grösste Konzertsaal in Paris. Erbaut wurde er mit dem Ziel, auch Weltmusikkonzerte aufzuführen, um für verschiedene Bevölkerungsgruppen attraktiv zu sein. Eröffnet hat das Haus unser Music Director Paavo Järvi, damals Chef des Orchestre de Paris. Mit dabei waren neben dem Staatspräsidenten François Hollande die Solist*innen Hélène Grimaud und Lang Lang. Das Haus sei damals noch nicht fertig gestellt gewesen, erzählt Paavo Järvi. Parkettböden waren unversiegelt und Kräne standen noch um das Haus herum. Pierre Boulez träumte von einer «Cité de la musique», einem Zentrum mit mehreren Konzertsälen, einem Museum, einer Mediathek und zahlreichen pädagogischen Einrichtungen. Genau das ist hier entstanden, weltweit ziemlich einzigartig. «Ästhetisch eine Meisterleistung, aussen wie innen», sagt Paavo Järvi.

Der Umzug in den Norden brachte auch einen Mitumzug des Publikums mit sich, das die zentraler gelegene Salle Pleyel gewohnt war. Einfach war es nicht, denn die Klientel aus dem Westen der Stadt begab sich nicht gerne in den Norden. Dafür kamen mit der Zeit jene aus dem Osten. Und die sind begeistert geblieben. Der Unterschied macht sich vor allem bemerkbar, wenn man das Publikum sieht. Jung und leger im Dresscode. Die Begeisterung über die Musik ist gross – und beim Applaus nach unserem Konzert spürte man auch, dass Paavo Järvi hier ein Heimspiel hatte. Der war warm und begeistert, ja tosend.

Die Philharmonie engagiert sich besonders für Kinder aus weniger bemittelten Schichten. Sie fährt hier ein Programm mit einem Fundraisingziel von 3 bis 4 Mio. Euro jährlich. Durch die Nähe zu den anderen Institutionen in der Cité arbeitet man auch themenübergreifend zusammen. So zum Beispiel mit dem Museum im Rahmen einer Ausstellung zu Fela Kuti momentan oder zu Basquiat-Soundtracks ab April.

Philharmonie Paris (Foto: zvg)

Basel, 2. Februar 2023

Michaela Braun, Geschäftsleitung: Angekommen in Basel, haben die Kollegen den Lastwagen mit den Instrumentenkoffern entladen. Da alle so mit dem Ausladen beschäftigt waren, fiel nicht auf, dass im Führerhaus des Lastwagens wertvolle Gegenstände gestohlen wurden. AirPods, Handy, Geldtaschen alles weg. Dabei hatte Paavo Järvi gewarnt, die Umgebung der Pariser Philharmonie sei riskant!

Dann gehts auf ins letzte Konzert. Auch hier wartet ein frisch renovierter Saal, Herzog & de Meuron haben das Basler Stadtcasino renoviert. Viel Purpur in den Gängen und moderne Elemente in den Aussenräumen, kombiniert mit der klassischen Schuhschachtel im Inneren. Es ist das Debüt von Paavo Järvi in diesem Saal und unsere letzte Station auf dieser nachgeholten Europatournee.

Noch einmal gibts Brahms: Ein fulminanter Abschluss.

Februar 2023
Do 02. Feb
19.30 Uhr

Gastspiel – Basel

Tonhalle-Orchester Zürich, Paavo Järvi Music Director Brahms
Mi 01. Feb
20.00 Uhr

Gastspiel – Paris

Tonhalle-Orchester Zürich, Paavo Järvi Music Director, Antoine Tamestit Viola Berlioz, Brahms
Januar
Di 31. Jan
20.00 Uhr

Gastspiel – Luxemburg

Tonhalle-Orchester Zürich, Paavo Järvi Music Director, Antoine Tamestit Viola Berlioz, Brahms
So 29. Jan
19.30 Uhr

Gastspiel – Wien

Tonhalle-Orchester Zürich, Paavo Järvi Music Director, Antoine Tamestit Viola Berlioz, Brahms
veröffentlicht: 02.02.2023