Zum Gedenken an Krzysztof Penderecki
Am 29. März ist der polnische Komponist Krzysztof Penderecki im Alter von 86 Jahren verstorben.
Ilona Schmiel erinnert sich an seinen letzten Besuch in Zürich im Januar dieses Jahres:
«Krzysztof Penderecki war einer der herausragendsten Komponisten unserer Zeit. Er hat eine eigene universale musikalische Sprache gefunden, die verstanden wurde und die berührt hat.
Bestes Beispiel dafür waren die beiden Konzerte am 25. und 26. Januar 2020, in denen wir in einem Porträt drei Spätwerke von ihm aufgeführt haben. Hier zeigte sich verdichtet das grosse Spektrum seines immensen Könnens und seine immerwährende Neugierde auch auf Auseinandersetzung mit aussereuropäischen Kulturen, für die er einen eigenen Ausdruck fand. Das Tonhalle-Orchester Zürich wurde von Pendereckis Assistenten Maciej Tworek dirigiert, der kurzfristig für den Komponisten einsprang. Aber Krzysztof Penderecki liess es sich nicht nehmen, mit seiner Frau Elzbieta anzureisen, um bei Proben und Konzerten dabei zu sein. Er wurde aufs Herzlichste empfangen und gefeiert. Diese tief berührenden Momente auf der Bühne und die Gespräche über seine nächste, anstehende Komposition werden uns allen für immer in Erinnerung bleiben. Danke für alles Krzysztof!
Sehr dankbar für die Begegnung mit ihm sind unsere Gedanken nun bei seiner Frau Elzbieta und seiner Familie.»
Auch das Orchester trauert
Darunter das polnische Musikerpaar Kitrasiewicz-Losiewicz: Die Bratschistin Katarzyna Kitrasiewicz-Losiewicz und ihr Mann, Kontrabassist Kamil Losiewicz. Katarzyna erinnert sich: «Schau, da oben auf dem Balkon sitzt er», habe sie aufgeregt dem Pultnachbarn zugeflüstert, als das Tonhalle-Orchester Zürich vor einem Jahr am Warschauer Beethoven-Festival gastierte, das Krzysztof Pendereckis Frau Elzbieta organisiert.
«Seine Musik hat alles, sie wird unvergessen bleiben», sagt auch Kamil. Wie kaum jemand habe Krzysztof Penderecki Klanglichkeit übersetzen können: «Er hat die Instrumente verstanden. Die Musik eben.»Nie vergisst Katarzyna, wie sehr sie schon als ganz junge Frau seine Musik für die Opfer des Atombombenangriffs auf Hiroshima berührt hat. «Wie ein Schrei ging sie in die Welt hinaus und mitten in die Herzen der Menschen.» Gerade in diesen Tagen erhielten Krzysztof Pendereckis Kompositionen eine traurige Dringlichkeit.
Peter Kosak, stellvertretender Solokontrabassist des Orchesters, schätzt den verstorbenen Landsmann besonders für sein «herausragendes, avantgardistisches Frühwerk», an das sich die Welt auch in hundert Jahren noch erinnern werde. Krzysztof Penderecki sei schon in Peters frühester Kindheit ein grosser Name in Polen gewesen, was er für das musikalische Leben seines Landes gerade auch als Professor und später als Rektor der Krakauer Musikakademie geleistet habe, könne gar nicht hoch genug geschätzt werden: «Seine internationale Ausstrahlung, seine Kontakte haben die Menschen im Land auch in schwierigen Jahren mit Stolz erfüllt.»
In jenen Jahren, als Krzysztof Penderecki Rektor war, studierte Orchestermitglied Andrzej Kilian Geige an der Akademie. «Es war die Zeit, als wir Bach, Mozart oder Wieniawski in den Ohren hatten», sagt er. Krzysztof Penderecki aber gründete ein Dekanat für elektronische Musik und versammelte eine Gruppe junger Komponisten um sich, die laut Andrzej für das Polen der 70er Jahre ziemlich experimentell unterwegs waren. Einmal monatlich habe er dafür gesorgt, dass die Studenten grosse Konzerte vor begeistertem Publikum in neuer Musik gaben. Das hat Andrzej als Musiker bis heute geprägt: «Maestro Penderecki hat mir einen Zugang zur zeitgenössischen Musik eröffnet.»
Tief habe es ihn berührt, als Krzysztof Penderecki anlässlich seines letzten Besuchs in der Tonhalle Maag im Januar, körperlich angeschlagen, wie er war, von seinen Kompositionsplänen gesprochen habe. Was Andrzej an seiner Person am allermeisten fasziniert, ist dessen weitere grosse Leidenschaft neben der Komposition: Er kultivierte auf seinem Landsitz bei Krakau ein riesiges Arboretum mit über 1500 alten Bäumen. «Seine Liebe zur Natur hat mich damals sehr beeindruckt und tut es bis heute. Sie sagt so viel über das Wesen eines Menschen aus.»
Ewa Grzywna-Groblewska, Bratschistin im Tonhalle-Orchester Zürich, erinnert sich an Krzysztof Penderecki als humorvollen Komponisten: «Er wahrte immer die Distanz zu seinen eigenen Werken», sagt sie. In Polen würden viele Geschichten darüber kursieren, wie er während der Proben auf gewisse Stellen reagiert haben soll. «Was spielt Ihr da? Hab ich das wirklich so geschrieben», zitiert sie, was er vor Jahren vor dem Orchester gesagt habe: «Na ja, ich war noch jung damals...», habe er dann angemerkt.
Ewas Lieblingswerk aus seiner Feder: Die 'Cadenza' für Viola solo: «Sie präsentiert den Bratschenklang sehr schön.»