«Mahlers fünfte Sinfonie ist für mich als Solo-Hornist jedes Mal aufs Neue ein Ereignis. Die erste Hornstimme zieht sich durchs Werk, das dritte Horn übernimmt, wenn im Scherzo das sogenannte Corno obligato einsetzt – das berühmte Horn-Solo. Kaum ein Werk habe ich öfter gespielt in meiner Karriere, es bleibt anspruchsvoll, auch technisch. Zum ersten Mal habe ich es in meiner Zeit bei den Münchner Philharmonikern unter Michael Tilson Thomas aufgeführt, kurze Zeit später unter Claudio Abbado. Besonders präsent ist mir Mahlers Fünfte aber mit dem Tonhalle-Orchester Zürich in der Suntory Hall in Tokyo mit unserem ehemaligen Chef David Zinman; im ersten Teil Schostakowitschs erstes Cellokonzert mit Yo-Yo Ma, im zweiten Teil Mahlers Fünfte, zweimal berühmte Literatur für Hornisten.
Trotz meiner Erfahrung mit dem Werk werde ich wohl Lampenfieber haben. Es ist Teil jeder Musiker-Laufbahn. Wichtig für die persönliche Verfassung sind Erholungsphasen zwischen arbeitsintensiven Wochen, etwa, wenn wir Mahler als CD einspielen. Bloss keine Erkältung! Jetzt geht es aber erst mal darum, mit Paavo meine Position im Raum zu besprechen, sie ist wichtig für meine Vorbereitung, besonders mental. Der seltsamste Moment nämlich ist der, in dem ich plötzlich aufstehe und meine Position für den Solo-Part ändere, da denken 99 Prozent im Publikum – was ist denn mit dem los?»
Aufgezeichnet von Melanie Kollbrunner
