Sie kannten sich. Sie schätzten sich. Aber verstanden haben sie sich trotzdem nicht.
Richard Wagner sei gewiss ein geistreicher Mensch, befand Robert Schumann, «aber er redet in einem fort». Wagner hatte das gegenteilige Problem mit Schumann: «Er redet gar nichts», klagte er. So berichtete es der Kritiker Eduard Hanslick, durchaus glaubwürdig. Dass Schumann ein grosser Schweiger war und Wagner gern viel und vor allem über sich selbst sprach: Das haben auch andere Zeitgenossen festgestellt.
Man wäre gern dabei gewesen, wenn sich die beiden über den Weg liefen. Das taten sie öfters: In Leipzig, in ihren Zwanzigern, schrieb Wagner einige Beiträge für Schumanns «Neue Zeitschrift für Musik». Später trafen sie sich in Dresden wieder, von 1844 bis 1849 lebten beide dort. So konnten sie aus der Nähe beobachten, wie unterschiedlich sich ihr Stil entwickelte. Schumann habe «keine Melodien», urteilte Wagner; Wagner fehle der «Sinn für Form und Wohlklang», tönte es zurück. Was nicht bedeutet, dass sie sich nicht respektiert hätten: Wagner kritisierte vor allem, dass Schumann seine «tüchtige Natur» falsch einsetze; und Schumann fand in Wagner-Aufführungen jenen «geheimnisvollen Zauber», den er in den Partituren vermisste. «Wir stehen äusserlich gut miteinander»: Mit dieser Formulierung traf Wagner exakt jene Mischung aus Anerkennung und Unverständnis, das ihr Verhältnis prägte; Schumann hätte wohl genickt zu seiner Diagnose. Nun treffen sie sich über ihre Werke in Zürich wieder. Und sie werden weder zu viel reden noch zu viel schweigen – sondern in ganz unterschiedlichen Tönen sagen, was es zu sagen gibt.
